Hier wird das Brocki-Fundstück aufgepeppt

In ihrem «Polsterhüsli» macht Seraina Mantel aus einem durchgesessenen Sofa ein individuelles Möbelstück.
Von Senta Keller Uetikon. – Bei Polster denkt man an samtene Stoffe, Biedermeiersofas und verschnörkelte Stühle. Im Polsterhüsli sieht es anders aus: Die Möbelstücke erinnern eher an eine noble Designerwohnung, als an eine altmodische Polsterei. Seraina Mantel motzt in ihrem Atelier alte Sessel auf, bezieht kaputte Sofas neu und verleiht jedem Stuhl einen eigenen Stil. Bei den Stoffen für Möbel und Vorhänge überwiegen warme Farben, spezielles Design und hohe Qualität. Auch Ausgefallenes findet sich im Polsterhüsli: Mantel überzieht ganz gerne mal einen barocken Sessel mit modernem Stoff. «Viele Kunden sind froh, dass es bei mir nicht so bieder ist», erzählt Seraina Mantel.
Polsterer – ein Traumberuf
Mit 23 Jahren hat sich die gelernte Polsterin, Innendekorateurin und diplomierte Farbdesignerin schon ihr eigenes Unternehmen aufgebaut. «Für mich ist das ein Traumberuf», schwärmt sie. Eine der wenigen Lehrstellen zu ergattern, war nicht einfach. 1999 startete Mantel in Stäfa die vierjährige Ausbildung. «Du musst anpacken können, und deine Hände dürfen dir nicht zu schade sein, wenn sie Blasen kriegen», sagt Mantel.
Im Herbst 2003 wollte eine Bekannte der Mutter ein Biedermeiersofa polstern lassen. «Ich habe mir überlegt, was das kosten würde, trieb Polstermaterial auf und kümmerte mich um das Sofa», erzählt Mantel. Von da an erhielt sie gelegentlich Aufträge für ein Möbelstück oder Vor­hänge, nebenbei arbeitete sie in einem Möbelhaus als Verkäuferin. «Aber ich war dort unterfordert und nicht so flexibel», erzählt Mantel. Im Juli 2005 kündigte sie kurz entschlossen.
«Ich habe mich gefragt, was ich eigentlich will. Dann kam die Idee, mich offiziell selbstständig zu machen », so Mantel. Sie entschied sich für den Firmennamen Polsterhüsli. «Der Name passt irgendwie zu mir», erklärt Mantel. Im Herbst 2005 nahm sie zwar trotzdem eine 40-Prozent-Stelle in Uster an, konzentrierte sich aber ansonsten ganz auf das Polsterhüsli. Sie rich­tete für ihre Firma eine Homepage ein und liess Karten drucken. «Seither läuft es», sagt Mantel. Offerten schreiben und Berechnungen machen, brachte sich Mantel selber bei. Grob geschätzt braucht es 10 Arbeitsstunden, um einen Sessel zu polstern und neu zu beziehen. Das kostet mit Material zwischen 800 und 1000 Franken. Zukunftsängste kennt Mantel nicht: «Wenn es mal schlecht läuft, hätte ich eine neue Idee und würde mich weiterentwickeln.» Traum vom Laden in Uetikon
Seit einem Jahr lebt Seraina Mantel mit ihrem Freund in Uster, würde aber gerne wieder zurück nach Uetikon kommen. Hier ist sie aufgewachsen – das Dorf ist ihr ans Herz gewachsen. «Mein Traum wäre es, irgendwann in Uetikon einen kleinen Laden zu haben, wo ich polstern und beziehen kann und meine Arbeit präsentieren darf.» Zurzeit melden sich Kunden meist telefonisch und Mantel geht zur Beratung vorbei oder holt die Möbel ab. Aber man darf auch gerne spontan bei ihr vorbeischauen. Am Freitag ist sie fast immer im Polsterhüsli anzutreffen.
Ein weiterer Vorteil eines eigenen Geschäfts sieht Mantel darin, dass sie selbst Lehrlinge ausbilden könnte. Im Unterrichten hat sie Übung. Seit acht Jahren singt sie und durfte ihr Können auch schon an Schüler weitergeben. Seit kurzem feiert Seraina Mantel mit der 20-köpfigen Lake Side Big Band auf der Bühne Erfolge. Sollte es also irgendwann mit dem Polstern nicht mehr klappen, hat sie noch ihre Stimme. Aber das wird wohl nicht nötig sein, denn aus Brocki-Fundstücken Originale zu zaubern, hat durchaus seinen Reiz. So dürften auch in Zukunft viele Kunden auf den Geschmack des individuellen Sofadesigns kommen.
Seraina Mantel Tramstrasse 75 8707 Uetikon am See Telefon 079 740 87 60 www.polsterhuesli.ch
Tagi vom 27.03.07
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